Jugoslawien (1985)                 


Streckenverlauf (2.172 km)

Rauenberg - München - Bad Reichenhall - Großglockner - Spital - Wurzenpass - Rijeka -Starigrad-Paklenica - zurück

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Tourempfehlungen:

   Großglockner:
     Die Fahrt über den Glockner ist immer ein Erlebnis. Unzählige Kehren und großartige
     Ausblicke.

   Fahrten Abseits der Küstenstraßen - sofern mal irgendwann wieder möglich.
     Die Landschaft erinnert an die Kulissen der Karl-May-Filme.

   Für Wanderer: Besuch des Nationalparks von Paklenica

   Fahrt zu den Krka-Wasserfällen durch die schöne Kalkfelsenlandschaft im Hinterland Jugoslawiens

 

 

Diese Tour war der Auftakt zu allen später folgenden Motorrad-Reisen. Entsprechend spärlich zu diesem Zeitpunkt auch die Ausrüstung. 

Dauer:            14 Tage
Teilnehmer:     Wolfgang & Heidi (Yamaha SR500)
                      Josef (Suzuki GSX400E)
 

Erlebtes
 

Wir waren zu Dritt unterwegs - die Bikes: eine Yamaha SR500 und Suzuki GS400E. Ich fuhr in Jeans, Winterstiefel und Anorak, während mein Mitfahrer Wolfgang schon über einen Thermokombi verfügte. Seiner Freundin Heidi blieb dieser Luxus aber ebenfalls erspart und Jeans, Anorak und ein billige Regenkombi musste genügen. Das Gepäck wurde in einer Sporttasche auf einem angepassten Schuh-Kofferträger mitgeführt, das Zelt -noch mit Querstangen, zwei Innenstangen und sauschwer- zusammengerollt, per Expander fixiert, auf dem Tank festgezurrt.  Zumindest am Motorrad von Wolfgang  waren 2 Koffer mit 25 Liter Packinhalt und ein großer Tankrucksack vorhanden.

Entsprechend zwanglos -und aus heutiger Sicht kaum vorstellbar- war unser Zeitplan für die Anfahrt. Die Abfahrt erfolgte nach gemütlichem Kaffee um ca. 09.00 Uhr. Die Bikes wurden noch mal an der Tankstelle voll getankt, wobei mein Mitfahrer durch Kontakt mit dem heißen Krümmerrohr der SR sich schon mal von einem guten Stück seines Thermokombis trennen musste.

Bereits nach knapp 120 Kilometern wurde dann die erste Euphorie des Motorradurlaubens durch einen schmerzenden Steiß aller Beteiligten deutlich gebremst. Es musste eine größere Rast an einer Raststätte kurz nach Stuttgart eingelegt werden. 200 km später, in München, wurde in einer Gaststätte in der Schrebergartenkolonie das Mittagessen mit anschließender Verdauungspause bis 14.30 Uhr eingenommen. Weiter ging es in Richtung Rosenheim, wo wir kurz vor der Grenze nach Österreich die Autobahn verließen.  Wir hatten uns auf der Karte eine -wie wir dachten- mautfreie Bergstrecke ausgesucht, da unser schmales Budget gut eingeteilt sein wollte. Die Strecke führte uns an den Großglockner, wo wir zu unserer Überraschung ordentlich Federn (Maut) lassen mussten. Die Fahrt über den Glockner entschädigte aber für Alles. Eine Kehre nach der anderen, bei strahlendem Sonnenschein, entsprach genau unsere Vorstellung vom Motorradurlaub. Erst oben am 'Hochtor' wurden wir von Wolken eingeschlossen. Mit unserer großzügige Zeitplanung mussten wir noch bis 21 Uhr im Sattel bleiben um etwas vom dem Abends eiskalten Großglockner Richtung Spital wegzukommen. Als Übernachtungsplatz wurde eine schöne Wiese abseits der Straße an einem Bachlauf ausgemacht. Die mitgenommenen Reispfannen ergaben ein nahrhaftes Abendessen, während uns langsam klar wurde, dass die hervorragende Ortswahl auch den ortsansässigen, ausgehungerten Stechmücken ein willkommenes Festmahl bereiten würde. Nach den ersten Stichen zogen wir uns eilends in die Zelte zurück.

* * *

Der zweite Tag verlief ebenfalls bei herrlichem Sonnenschein. Die ersten Aktivitäten des Tages galten dem Zählen der gewaltigen Anzahl von Mückenstichen, der spärlichen Morgentoilette und dem Packen der Bikes.
Kaum waren 100 Meter gefahren starb plötzlich der Motor der SR500 ab - also war erstmal Pause und Fehlersuche. Doch das Übel war schnell ausgemacht. Ein Expander, der den Tankrucksack stabilisieren sollte, war in der morgendlichen Hektik dem Benzinschlauch zu Nahe gekommen und hatte diesen abgeschnürt. Also schnell weiter um wenigsten am zweiten Tag das Ziel 'Split' eventuell zu erreichen.

Bei der Grenzüberquerung auf dem Wurzenpass wurde uns dann noch mal richtig warm ums Herz. Vor den überraschten Zöllnern hatten sich etwa 50 Biker eingefunden. Aufgestellt in 2er-Reihen ging der Beamte kurz entschlossen mit seinem Stempel in der Mitte der beiden Bikerreihen durch und verpasste den links und rechts aufgehaltenen Reisepässen seinen Aufdruck. Es ging weiter über Ljubljana durch das Hinterland Sloweniens. Irgendwo in der Pampa wurde schließlich das Mittagessen, eine  Suppenmischung, gekocht. Wolfgangs Faltkanister hatten wir vorher an einer Tankstelle gefüllt und so hatten wir genügend Wasser parat. Relativ ungeschützt und in der prallen Sonne schlürften wir die heiße Suppe bevor es weiterging.
Gegen 16.00 Uhr erreichten wir schließlich Rijeka. Die Straße führte durch ein angenehm abkühlendes  Waldstück und dann steil abwärts zum Meer hinab. Der Blick über die Küste und den Hafen war atemberaubend. Vor allen Dingen, wenn einem dabei noch der Schweiß den Rücken herunter rinnt. In Rijeka hielten wir zur Orientierung kurz am Straßenrand an. Mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass die noch angenommenen 200 Kilometer bis nach Split über die gewundene Küstenstraße auf 370 km anwuchsen. Aber es kam noch dicker. Selbstverständlich mussten sich auf einer Straße, welche nur 100m überschaubare Gerade von einer zur nächsten Kurve bietet, etwa 5.000 Gespannfahrer tummeln.
Nach einer Stunde meldete sich wieder der malträtierte Hintern, die Konzentration bei den vielen Überholmanövern war gewichen, und wir brachen kurzerhand unsere Kurvenhatz ziemlich niedergeschlagen ab. Glücklicherweise hatten wir eine schönes, gemütlich aussehendes Restaurant ausgemacht, stellten die Motorräder vor der Terrasse mit Meerblick ab, und legten die Füße hoch.
Wir bestellten einen ganzen Liter frisch gepressten, eiskalten Orangensaft, sahen dabei raus aufs Meer und genossen einfach die warme Abendluft.
Nach einer guten Stunde waren alle Schmerzen und der Stress vom Fahren vergessen, wir waren erholt und freuten uns schon wieder auf die nächsten Kilometer Küstenstraße.

In der frühen Dämmerung ging uns das Benzin zur Neige. Wir nutzen die einzige Tankmöglichkeit an der Küstenstraße mitten im Nirgendwo. Der Tankwart entlarvte uns prompt als Touri's und wollte uns gehörig übers Ohr hauen. Die Anzeige der Zapfsäule zeigte für beide Bikes über 20 Liter Sprit, wobei die Tank's nur jeweils knapp bis zur Hälfte, also mit etwa zusammen 10-12 Liter, betankt waren. Auf heftigen Protest und Androhung von körperlichen Konsequenzen füllte das Schlitzohr schließlich die Tanks voll.
Spät, sehr spät gaben wir unser ehrgeiziges Ziel bis nach Split zu gelangen auf und gingen in Zadar auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Wir fanden bereits im Dunkeln den 'Wahnsinns-Platz' in Zaton bei Zadar. Steinhart und vollkommen überbelegt.

* * *

Nach einer unruhigen Nacht und dem Versuch morgens das Zelt zu verlassen, ohne dem Nachbar in sein Frühstück zu treten, packten wir eilends unsere Motorräder. Noch bevor die Rezeption geöffnet hatte machten wir uns davon, denn für diese Übernachtung war uns jeder Dinar zu viel. In Zaton deckten wir uns bei Banköffnung erstmal mit Dinaren ein und fuhren dann ein gutes Stück zurück nach Starigrad-Paklenica. Dort hatten wir bei der Durchfahrt am Vorabend einen Bazar direkt an der Straße gesehen und auch sonst schien dort Einiges los zu sein.  Wir entdeckten einen schön gelegenen familiären Campingplatz abseits der Durchgangsstraße. Also Zelte gestellt, Badehose an und dann ab ans Meer zum ersten Kontakt mit Salzwasser. Selbstverständlich waren damals unsere Ansprüche noch bescheiden und ein 'Badestrand' wahlweise aus Beton oder Kies kein Problem.

"Strandidylle" in Paklenica      Alternativ zum Beton --> der Kiesstrand

Auch das der Zeltplatz nur über eine Toilette -mediterraner Art- (Stehklo) und 2 Duschen verfügte war uns Einerlei.

Nach unserem ersten Bad im Meer gingen wir zum Abendessen in ein kleines Restaurant. Wolfgang und ich probierten die ersten jugoslawischen Spezialitäten, während Heidi sich lieber auf die sichere Seite schlug und 'Schnitzel' bestellte. Schon kurz nach dem Essen sahen wir das erste 'Wetterleuchten', welches sich in der Nacht zu einem ausgewachsenen Gewitter mauserte. Auch am Morgen regnete es unentwegt weiter. Also blieben wir am Platz und kochten dort auf Wolfgangs Superkocher zum Entsetzen aller anderen Mitbewohner.

Nudelspezialität ala Wolfgang / Paklenica      Wolfgang in Kochpose mit seinem Bunsenbrenner

Trotz aller Zusagen des Campingplatzinhabers hielt sich das schlechte Wetter aber hartnäckig noch bis zum nächsten Nachmittag, danach gab es allerdings nur noch Sonnenschein.

Einprägsam war auf jeden Fall unser Marsch durch den Nationalpark. In der Gewissheit, dass es in Jugoslawien noch frei lebende Bären geben sollte, zuckten wir nach der ersten halben Stunde schon mal kräftig zusammen, als sich vor uns was recht Großes im Gebüsch rührte. Wir waren weit und breit die Einzigen im Park und nach schrecklich langen Sekunden schließlich entpuppte sich das angenommener Raubtier glücklicherweise als streunender Maulesel und wir konnten den Weg beruhigt fortsetzen.

Im Nationalpark Paklenica       Eselexpress für die Berghütte

4 Stunden Fußmarsch über Geröll waren zu bewältigen, bevor auf einer kleinen Hütte ein Imbiss möglich war. Die von unseren Zeltnachbarn am Platz so gerühmte Linsensuppe haben wir dann kurzerhand in sauber in Flaschen abgefüllte Bierchen umgewandelt, als wir einen Blick auf verdreckte Küche und die zahnlose Köchin werfen konnten.

Die zweite größere Unternehmung war ein Fahrt an die Krka-Wasserfälle. Hier ging es zum ersten Mal durch das Hinterland Jugoslawien, welches einem richtig überwältigte. Wie in den Karl-May-Verfilmungen erhob sich überall das weiße Kalkgestein zu schönen Felsformationen.
Die Abfahrt zu den Wasserfällen durfte jedoch nicht mit dem Bike gefahren werden. Wir mussten diese auf dem Parkplatz lassen und in einen alterschwachen Bus umsteigen. Dieser fuhr, entgegen unseren Erwartungen, in einem Höllentempo den Berg hinunter. Wir waren schließlich heilfroh als wir unsere verkrampften Hände von den Haltestangen lösen konnten und dieses Gefährt von den Wasserfällen zum Halten kam.
Das kühle Nass der Wasserfälle haben wir dann zu einem wunderbar erfrischendem Bad genutzt, wobei man sich vorstellen kann, dass zu dieser Jahreszeit auch andere auf die Idee kamen. Entsprechend überfüllt waren die einzelnen, badewannenförmigen Terrassen des Wasserfalls.
Die Rückfahrt mit dem Bus war vergleichsweise harmlos. Alles was der Fahrer beim Bergabfahren an Geschwindigkeit ausnutzen konnte, war bei der Bergauffahrt mit dem alten Dieselaggregat vergessen. Im Schneckentempo und einer Dieselwand im Rückspiegel bewegten wir uns Richtung Parkplatz.

Auf dem Campingplatz hatten sich in dieser Zeit alle 30 Bewohner inzwischen etwas kennen gelernt. Für unseren letzten Abend hatte sich der Eigentümer etwas Besonderes ausgedacht. Alle Camper saßen an einem großen Tisch aus Bierbänken im Freien zusammen. Aufgetischt wurde aus eigener Küche und Grill Tomatensuppe mit Reis, frisch gegrillte Makrelen, Fleischspieße, als Nachtisch Obst und nicht wenig schwerer, leckerer Rotwein aus eigenen Beständen.
Da zu unseren Zeltnachbarn auch eine junge Gruppe aus Neckartenzlingen -ihresgleichen alle Musiker im dortigen Musikverein- zählten, wurde nach einigen Flaschen 'Rotem' die Zungen entsprechend locker und zum Wohle eines Mitbewohners aus Balingen, angekommen im Mercedes Cabrio und Wohnwagen, lautstark Lieder wie 'Ich fahr Daimler' angestimmt.
Dieser ließ sich das natürlich nicht lange bieten. Als drastische Gegenmaßnahme nahm er bei uns Platz, nahm ein paar Gläser Wein zu sich, und stimmte schließlich ebenfalls lautstark und entsprechend falsch in die Liedchen mit ein.

Unsere Heimreise am nächsten Tag verschob sich erwartungsgemäß um ein paar Stunden in die späte Vormittagszeit. Wir fuhren bei herrlichem Sonnenschein und diversen Problemchen die hämmernden Köpfe in die Helme zu bekommen los. Leider war die Herrlichkeit in Österreich bei tiefhängenden Gewitterwolken vorbei. Nach der ersten kräftigen Dusche waren wir, Dank unserer professionellen Ausstattung, völlig durchnässt und beschlossen die Nacht mit regelmäßigen Pausen zum Aufwärmen durchzufahren. Morgens um 05.00 Uhr, kurz vor der Heimat, ging dann Wolfgang 300 Meter vor der Raststätte Bruchsal das Benzin des auf Reserve stehenden Tanks aus. Glücklicherweise reichte der Schwung noch um bis zur Zapfsäule auszurollen. 30 Minuten später hatten wir unseren Heimatort erreicht, die Mopeds kamen notdürftig entladen in die Garagen und die müden, ausgefrorenen Biker in das ersehnte Bett.

Alles in allem hat uns dieser erste Motorradurlaub ganz gut gefallen. Erschrecken war aber, wie schnell die Schmerzgrenze am Steiß erreicht wurde.  Als Erkenntnis blieb aber bei allen Beteiligten die Einsicht, dass man für Motorradurlaub einige Nehmerqualitäten im Bezug auf Nässe und Steiß haben sollte. Auch Luxus ist Einem nur in geringem Maße vergönnt. Im Nachhinein können wir jedoch über unsere damalige Ausstattung der Kleidung, Motorräder und des schönen Campingplätzchens aus heutiger Sicht nur noch die Köpfe schütteln.

Heute, 16 Jahre danach, erinnert man sich immer noch gern an diesen ersten Urlaub, aus dem nachfolgend noch viele weiter Urlaube ins rollen kamen.

Der Reiz, diese Gegend noch einmal zu durchfahren, ist unheimlich groß wobei die heutige Lage doch noch etwas Vorsichtig macht.